Johannetta Levy, geb. Samuel und Salomon Levy

 am 13. August 1857

in Freudenburg geboren

verheiratet mit dem Bollendorfer Juden Salomon Levy

verliert im Ersten Weltkrieg drei Söhne

1933 stirbt ihr Mann

1933 zieht sie nach Trier

am 26. Juli ins KZ Theresienstadt deportiert

stirbt dort am 16. August 1942

Johannetta Levy wurde am 13. August 1857 in Freudenburg als Tochter der jüdischen Familie Samuel geboren, heiratete später den Bollendorfer Juden Salomon Levy und brachte zwölf Kinder zur Welt. Die Viehhändler-Familie war ins Bollendorfer Dorfleben integriert – wie alle Juden dort. Sie saßen im Gemeinderat, wirkten in Vereinen mit. Den ersten schweren Schicksalsschlag musste Johannetta Levy im Weltkrieg von 1914 bis 1918 verkraften: Drei ihrer Söhne fielen im Kampf – für das Land, das ihr später so viel Leid zufügen sollte. 1933 starb ihr Mann, im Jahr der nationalsozialistischen Machtergreifung. Auch auf den Dörfern bekamen die Juden das sich verschärfende Klima zu spüren, viele wanderten aus. Dann kam die Pogromnacht. Auch Johanna Levys Besitz schlugen die Nazis kurz und klein, die Namen ihrer gefallenen Söhne kratzten sie aus dem Kriegerdenkmal heraus.


Ende Mai 1939 zog Johannetta Levy zu ihrer Tochter Jettchen nach Trier. Viele Juden hätten sich von der Anonymität der Städte ein unbehelligteres Leben versprochen. Doch gut zwei Jahre später, im Oktober 1941, kehrte sie nach Bollendorf zurück. Jettchen, ihr Mann David Schloss und die Kinder Manfred und Chana waren deportiert worden.
Dieses Schicksal blieb auch der inzwischen 84-jährigen Johannetta Levy nicht erspart: Am 26. Juli 1942 wurde sie nach Theresienstadt gebracht, wo sie am 16. August 1942 starb – an Hunger und Auszehrung, wie Stefan Roos vermutet. Nur zwei von Johannetta Levys Kindern überlebten den Krieg.


Roos hat in mühevoller Kleinarbeit Eifeler Juden und ihre Nachfahren ausgemacht und kontaktiert – in Frankreich, Israel, den USA, der Dominikanischen Republik. Einige von ihnen hat der studierte Politikwissenschaftler, der als Banker in Luxemburg arbeitet, getroffen. Dafür ist er nach New York gereist und nach Chicago, für kommendes Jahr plant er einen Trip nach Israel.
"Ich habe alles verloren." Diesen Satz hat Roos immer wieder von Überlebenden gehört. Oft saß er weinenden Menschen gegenüber, viele blockten mitten im Gespräch ab, weil die Bilder in ihren Köpfen sie übermannten. "Sie waren Ausgestoßene", sagt Stefan Roos. "Leute wechselten die Straßenseite, Kinder riefen ihnen Schimpfworte hinterher. Und das dort, wo sie Zuhause waren!" Die meisten Zeitzeugen hätten nie wieder einen Fuß auf deutschen Boden gesetzt.


Stefan Roos schreibt an einem Buch über diese Begegnungen, über seine Forschungen zum Thema Eifeler Juden. "Je weiter wir uns von diesen schrecklichen Jahren zeitlich entfernen, desto ritualisierter laufen die Gedenkveranstaltungen ab", erklärt er seine Motivation. "Es wird immer ,der‘ Juden gedacht. Das Einzelschicksal hinter jedem der sechs Millionen Ermordeten werde kaum noch wahrgenommen. Sein Buch versteht er als Zeichen gegen diese Entwicklung. "Ich will den Opfern ihre Namen und damit ihre Individualität zurückzugeben." So, wie Johannetta Levy.

Quelle: Inge Kreutz: "Ich will den Opfern ihre Namen zurückgeben", TV vom 8.11.2005