Theodor Hartz

geboren 1886 in Lutten

gestorben am 23.8.1942 im KZ Dachau

Salesianerpater in Helenenberg bei Welschbillig

Gegner der nationalsozialistischen Ideologie

wegen "nicht erlaubter Nächstenliebe" im KZ Dachau

„Gestern erhielten wir die plötzliche und unerwartete Nachricht, dass unser lieber Bruder, Schwager und guter Onkel, der H. H. Salesianerpater Theodor Hartz, am 23. August gestorben ist. Er starb im 56. Lebensjahr und im 29. Jahr seines Priestertums. Wir empfehlen seine Seele dem Gebet der Gläubigen und besonders dem Hl. Opfer der Priester.

Lutten, Goldenstedt, Oythe, den 29. August 1942.

Die trauernden Angehörigen."

Auf dieser Todesanzeige fehlen Angaben über den Sterbeort und die Beisetzung. P. Theodor Hartz, der aus dem oldenburgischen Lutten stammte, war im KZ Dachau gestorben. Er hatte wohl in seiner schweren Krankheit, die er sich im KZ zugezogen hatte, nicht mehr den Willen zum Leben gehabt und sich nach dem ewigen Frieden heimgesehnt. Seine Leiche wurde eingeäschert und die Asche nach langen Verhandlungen auf dem Friedhof in Essen-Borbeck in der Gruft der Salesianer beigesetzt.

Da in jener schrecklichen Zeit sein Leben im berüchtigten KZ Dachau so sang- und klanglos erlosch, ist es an der Zeit, sich seiner in Dankbarkeit und Verehrung zu erinnern.

P. Hartz hat den größten Teil seines priesterlichen Lebens im St.-Johannes-Stift in Essen-Borbeck zugebracht. Das Haus der Söhne Don Boscos liegt an jener Straße, die heute seinen Namen trägt: Hartzstraße. „Die Stadtväter haben nach dem Krieg den öffentlich geehrt, den wir unter uns schon immer verehrten." So schreibt ein ehemaliger Schüler des Johannes-Stiftes in Erinnerung an jene Zeit, da Pater Hartz dort - seit 1924 - Direktor war.

Er schreibt weiter: „Direktor Hartz hat Hunderte von Priesterkandidaten väterlich geführt. Dankbar erkennen wir an, dass er uns so großes Vertrauen schenkte, uns bejahte, uns durch seine Güte und Freundlichkeit so sehr ermutigte. Immer haben wir ihn gelassen und fröhlich gesehen. So wirkte er auch beruhigend und frohmachend. Darum denken wir gern und dankbar zurück an die sonnigen Jahre unter seiner Leitung. Für uns war er die Verkörperung des guten Don Bosco, des Salesianers, wie er sein soll" (P. Schmeing). Im September 1938 kam P. Hartz als Nachfolger von P. Lechermann als Direktor an unsere Theologische Hochschule in Benediktbeuren. Noch am Tage seiner Ankunft sagte er in der Guten-Nacht-Andacht-wie ansteckend sein goldener Humor war! Freilich, die Zeitläufe breiteten auch über die Abgeschlossenheit des Seminarlebens einen besorgten Ernst aus. P. Hartz fühlte wohl die Verpflichtung, seinen jungen Mitbrüdern über die Zeitverhältnisse reinen Wein einzuschenken. „So gütig er unter uns war, so hart und fest blieb er allem gegenüber, was den Nazismus betraf." Damals hatten jedoch die Wände Ohren, und mancher konnte für sich die Worte des Psalmisten wiederholen: „Alle, die mich hassen, flüstern vereint wider mich, sie denken wider mich Gedanken des Unheils . . . Sogar mein Freund, auf den .ich vertraute, der mein Brot mit mir aß, der hat gegen mich die Ferse erhoben" (PS 40,8; 10). Die Gestapo wurde auf Direktor Hartz aufmerksam und entließ ihn nicht mehr aus dem todbringenden Netz der Überwachung. P. Hartz musste noch das „Sterben" der Benediktbeurer Salesianerfamilie erleben.

Eine Gruppe von Mitbrüdern nach der anderen, Studenten und Laienbrüder, mussten Benediktbeuern verlassen und in die Kasernen einrücken. Sehr viele von ihnen sollten nacht mehr heimkehren. Dann ging Pater Hartz wieder nach Essen zurück.

Was wohl mit dem Wechsel des Wohnortes beabsichtigt war, verwirklichte sich nicht. Die Gestapo blieb auf seiner Spur. Seine Einstellung zum Regime zu ändern, das ließ sein Charakter nicht zu. So musste kommen, was kam. Die Hauschronik von Essen berichtet: 1941! In dieser Zeit bereitete sich die Auflösung der Anstalt vor. Durch die Gestapo wurden Telefongespräche und die Post des Hauses

überwacht. Es folgten in rascher Folge Haussuchungen und Verhöre und schließlich die Verhaftung von Pater Winkels und Pater Tebben, die nach 8-9-wöchiger Haft zur Verhandlung kamen und nach einer Zeitungsnotiz wegen „nicht erlaubter Nächstenliebe" verurteilt wurden. Sie hatten ihre Strafe durch die Untersuchungshaft verbüßt, so daß sie wieder heimkamen.

Am 5. August 1941 kam der harte Schlag der Gestapo. Sie erschien mit großem Aufgebot und beschlagnahmte das ganze Eigentum der Salesianer in Essen. Alle Mitbrüder mußten innerhalb von zwei Stunden das Haus verlassen und erhielten ein Aufenthaltsgebot für Helenenberg bei Trier. Im Frühjahr 1942 aber wurde in Helenenberg nach voraufgegangenen Verhören und Haussuchungen Direktor Hartz verhaftet, lange in Trier in Haft gehalten und dann ins KZ nach Dachau gebracht. Dort starb er angeblich an „Darmkatarrh". Wer Pater Hartz gekannt hat und die Fotos betrachtet, die bei seiner Einweisung ins KZ gemacht wurden, ist zutiefst erschüttert. Das ist nur noch ein Mann, den eine gottlose, schreckliche Zeit zerbrochen hat.

Als wir uns einst von ihm verabschiedeten, um in die Kasernen einzurücken, ließ er sich nur wenig anmerken, wie schwer es ihm ums Herz war. Es war ein Abschiednehmen für immer. In unserer Erinnerung lebt Pater Hartz fort als ein froher, immer zuversichtlicher und optimistischer Mensch, als ein frommer Priester und Salesianer. Dass er nicht leichtfertig am Ernst der Zeit vorüberging, das bezeugt sein Tod in Dachau.

Quelle: Münch: Maurus: Unter 2579 Priestern in Dachau, 2. Auflage, Trier 1970